Alle Jahre wieder, und ganz besonders nach den Zeugnissen, erschallt der Ruf nach einer besseren Bildung. Mit blumigen Worten wird die Notlage des deutschen Volkes beklagt und zum Kampf gegen die Dämonen der drohenden Verdummung aufgerufen.
Doch wer soll die Heerscharen der 894.000 Bildungskrieger (ugs. Lehrer) befehligen? Wer soll den jeweiligen Tagesbefehl verlesen, wenn er denn nicht vorhanden ist? Denn wer sollte ihn auch verfasst haben? Wer hat denn schon die 160.000 Veröffentlichungen kluger Leute gelesen, die moderne Bildung schon gedacht haben? Wem stimmt man zu, wen lehnt man ab? Ist das, was dem einen recht ist für den anderen auch billig? Und wer hat das alles auch noch verstanden? Fragen über Fragen! Wie soll man und vor allem wer kann bei soviel Unvorhersehbarem guten Gewissens einen Marschbefehl erteilen und zum Angriff gegen die Dummheit blasen?
Was macht ein einsamer Rufer in der Wüste im Angesicht der Phalanx von annähernd 56.000 Bildungsverwalter (sprich Angehörigen der Institutionen wie KMK, Bund-Länder-Kommision und Fachkommissionen, den 16 Kultusministerien und deren Schulämter) und deren geballten Finanzkraft von einem monatlichen Einkommen i.H.v. ca. 280 Millionen EUR? Soll er sich etwa zum Turnaround-Man aufschwingen und ein Blutbad in diesen, seit Jahrzehnten gewachsenen, Strukturen anrichten, Attentate auf eingespielte Seilschaften verüben oder zur Revolution (sprich zum Gebrauch des gesunden Menschenverstandes) aufrufen? Ja selbst wenn er dieses erfolgreich täte... da gibt es ein unüberwindbares Hindernis und das heißt: Finanzminister!
Warum nun der Finanzminister? Weil das alles wieder einmal Geld kostet, Geld, das er nicht hat? Nein! Sein Problem heißt dann: „Was mache ich mit dem Geld, das ich einsparen könnte? Einfach mal so 3,9 Milliarden EUR mehr in der Kasse, wie erkläre ich das? Und warum habe ich nicht schon längst festgestellt, dass das geht, sondern ein anderer, der noch nicht einmal dafür bezahlt wird?“
Ja selbst wenn er sich doch noch zu Verhandlungen bereit erklären würde, stünde noch ein weiterer, mächtiger Gegner im Hinterhalt: der Arbeitsminister.
Für den stellt sich die Frage: „Was mache ich mit diesen vielen vom Joch des Beamtentums in der Bildungsverwaltung Befreiten? Muss ich sie in Lager der Arbeitsverwaltung stecken, um sie nicht der Obdachlosigkeit preiszugeben? Außerdem, die sind ja viel zu klein und für Resozialisierungsmaßnahmen ( sprich: ABM-Maßnahmen) für Ex-Bildungsverwalter ist kein Geld da.“
Und als hät‘ man’s nicht geahnt, plötzlich springt noch einer hinter dem Gebüsch hervor: der Außenminister, und dieser ruft entrüstet: „Was geschieht mit unserem Bildungstourismus, den wichtigen Reisen dieser unserer Bildungsverwalter und Bildungsbeschließer ins Ausland. Wollt ihr Deutschland zur Bildungseiland ausrufen und den Anschauungsunterricht unserer, unstrittig besseren Nachbarn verweigern. Man muss global denken!“
Think big... dann kommt’s dick!
Auch die Eltern sollen nicht verunsichert werden. Darf man ihnen ihr Feindbild nehmen? Da ist ja der soziale Frieden gefährdet! Die Folgen wären bundesweite Demonstrationen mit Plakaten wie: „Was soll der Beamte auf der Gass‘, nur auf dem Amt macht er uns Spass!“ Oder: „Woran soll’n wir uns orientieren, wir können nicht mehr opponieren!“
Da lassen wir doch lieber alles beim Alten, erhalten uns den sozialen und Seelenfrieden, unsere Bildungskrieger in der Etappe (ugs. Schule), die Verwalter auf ihren Sesseln, den Politiker ihren Schuldenberg und dem Ausland den Erfolg.
Aber man hat doch mal wieder fragen dürfen!
© Erik A.C. Bogorinski 26-03-2002